19.9.05

Die Geschichte der Karin S. (Teil 1)

Die Geschichte der Karin S.

Es geschah an einem wunderschönen Sommertag im Jahre 1956. Eine Gruppe Kinder zwischen 3 und 6 Jahren spielten friedlich im gemeinsamen Sandkasten des Hinterhofs.
Bis auf kleine Schlägereien mit der Schippe, ging es recht friedlich zu. Es wurden Sandkuchen gebacken und da Karin sich gerade mit einem älteren Kind angelegt hatte, wurde zur Versöhnung ein Stückchen dieses Sandkuchens probiert. Doch wie schnell war dieser schöne Nachmittag vorbei und alle Kinder mussten nach Hause.

Hmm…. Ich schmecke noch den Sand zwischen den Zähnen. Es war sicher ein schöner Tag, aber die Folgen waren verheerend. Einige Zeit später wurden immer mehr Kinder dieser vergnügten Runde krank. Grippe…. sagten die Ärzte, aber meine Mutter, als gelernte Kinderkrankenschwester, wusste es besser und sorgte dafür, das ich so schnell wie möglich in ein Krankenhaus eingeliefert wurde und dort wurde dann auch ihre Vermutung bestätigt: Ich hatte mich mit dem Poliovirus infiziert. Tja und da blieb ich dann zunächst für ein halbes Jahr. Nach dieser Zeit konnte ich wieder ein ganz klein wenig stehen, ich konnte wieder sitzen und wollte eigentlich nur noch nach Hause. Aber ich wurde in ein anderes Krankenhaus verlegt. Dort hat man mich dann für ein weiteres halbes Jahr in ein Gipsbett gelegt.
Ich weiß nicht, was ich im ersten Krankenhaus für Ausfälle hatte, ich weiß nicht, ob ich wirklich beatmet wurde, aber ich weiß, das ich nach dem zweiten Halbjahr nichts mehr konnte. Meine Eltern holten mich nach Hause. Auf dem Heimweg wurde ich noch einem Orthopäden vorgestellt, der mich in einen Rolli setzen wollte und meiner Mutter ins Gesicht sagte: “Die wird immer so ein Krüppel bleiben, aber seien sie froh, die wird nie 25“
Meine Mutter hat diesen Satz nie vergessen und sie war mir dankbar, das ich mich gegen diesen Arzt gewehrt habe und ihn mit meine Fingernägeln (die waren nach den Krankenhaus noch recht lang) das Gesicht zerkratz habe und er uns daraufhin rausgeworfen hat.
Danach begann für mich, aber auch für meinen großen Bruder, eine harte Zeit. Täglich wurde geübt. Mein Bruder schleppte mich auf seinem Rücken hängend Schritt für Schritt vorwärts, meine Mutter rutschte auf den Knien hinter uns her und setzte meine Füße Schritt für Schritt vor. Jede Bewegung wurde ausführlich in Worte gefasst, bis ich es mitsprechen konnte und dann eines Tages auch mit den Bewegungen verknüpfen. Mein Bruder war froh, wenn diese Übungen vorbei waren, aber für mich ging es über den Tag verteilt weiter. Gleichzeitig musste ich wieder lernen, mich hochzuziehen, mich selbständig aufzurichten. Ich musste lernen selber zu essen und… ich musste lernen, das eine Stubenfliege mir nichts tut. Das ich heute jedes Lebewesen liebe habe ich meinem Vater zu verdanken, der statt mit mir zu schimpfen mir die Schönheit jedes Lebewesens nahe gebracht hat.
Zu meinem 5. Geburtstag bekam ich dann ein Fahrrad, ein richtiges Fahrrad, zwar mit Stützrädern, aber egal. Ich konnte noch nicht alleine auf- und absteigen, aber meine Mutter setzte mich nachmittags drauf und ich durfte um den Häuserblock fahren, bis mein Vater nach Hause kam. Der hat mich dann wieder hoch in die Wohnung getragen.
Dieses Fahrrad wurde mein bester Freund. Ich konnte überall hin, konnte anderen Kindern zuschauen, konnte mich ausruhen, wenn ich wollte, konnte sogar kleine Besorgungen an unserem Büdchen machen, da ich da ohne abzusteigen hinkam. Ich wurde selbständiger und immer selbstbewusster.
Doch eines Tages reichte es mir nicht mehr. Mittlerweile hatte mein rechtes Bein wieder so viel Kraft, das ich darauf stehen konnte, wenn auch nur kurz. Also, was macht Karin. Sie lässt sich an einem Geländer vom Fahrrad rutschen und montiert die Stützräder ab. Eigentlich sollte mein Vater sie ja an dem Tag wieder festdrehen, aber ich wollte es anders. Mit Hilfe des Geländers und der Hauswand habe ich mich abgestoßen und bin dann Runde um Runde um den Block gefahren. Ich muss wohl so laut gejauchzt haben, dass meine Mutter aus dem Fenster schaute. Sie hat einen riesigen Schreck bekommen, aber bevor sie unten war, kam schon mein Vater mit seinem Rad um die Ecke. Er hat sofort die Situation erfasst, schmiss sein Rad zur Seite und fing mich ab. Na ja, dass ich dann was zu hören bekam, war ja klar, aber ich brauchte keine Stützrädchen mehr und so begann meine Freiheit. Ich habe unser Dorf unsicher gemacht. Überall kannte man mich. Es war schön, die Zeit. Auch als ich dann nach und nach wieder richtig laufen konnte und nur noch mit einer Schiene versehen war, blieb das Fahrrad weiterhin mein bester Freund.

Dann sollte ich in die Schule. Ich wollte unbedingt in die Volksschule, wie mein Bruder, aber die Ämter mischten sich nun ein und wenn meine Eltern nicht so Kämpfernaturen gewesen wären, hätte man mich in ein Heim gesteckt.
Meine Volksschulzeit war eine schöne Zeit. Die Mitschüler kannten mich und bis auf ein oder zwei haben mich alle akzeptiert. Doch als es auf den Schulwechsel zuging, wurde es kompliziert. Eigentlich sollte ich auf das Gymnasium, aber das Nächste war in der Kreisstadt und bis zur Bushaltestelle hätte ich es noch nicht geschafft. Realschule…. Das gleiche Problem und so sollte ich schweren Herzens weiter auf die Hauptschule gehen.
Aber ich hatte Glück. Hinter der Volksschule wurde eine Baracke aufgestellt und es wurde eine Realschule gegründet. Ich war die Erste, die angemeldet wurde. Es war ein tolles Gefühl. Ich konnte mit dem Rad hinfahren. Aber es wurde keine schöne Zeit. Ich wurde gequält und gehänselt und mir so meine ganze Freude am Lernen genommen.
Auch nach dem Umzug in eine andere Stadt ging es nur eine Weile gut, solange ich neu war und interessant, aber dann ging es wieder los und wieder hatte es Auswirkungen auf meine Leistungen. Es war für mich eine schlimme Zeit und ich habe sie mir auch noch durch zwei Ehrenrunden selber verlängert, statt denen es zu zeigen und einfach besser zu sein. Meine Eltern konnten das nie verstehen, zumal ich zu Hause nie etwas von den Quälereien erzählt habe. Aber jede Schulzeit geht einmal zu Ende. So auch meine. Mit einem halberwegs passablen Zeugnis ging es auf Ausbildungsplatz Suche. Ich wollte so gerne etwas mit Kindern machen, aber das Arbeitsamt hat es schlichtweg verboten mit der Begründung, ich könne ja keinem Kind hinterher laufen. So bewarb ich mich bei der Verwaltung. Beim Auswahlverfahren habe ich sehr gut abgeschnitten und konnte mich auch gegen etliche Gymnasiasten durchsetzen.

Das wäre der erste Teil.... Fortsetzung folgt, aber habt bitte Geduld.
Liebe Grüsse
Karin

12 Kommentare:

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