23.7.05

Neulich bei Ikea - Ein Erfahrungsbericht aus der Rollstuhlperspektive

Also: Die Epes hatten mal wieder etwas Geld über, undzwar genau von dem Geld , was überhaupt nicht vorhanden war.

Und da sie dringend ein paar Kleinmöbel benötigten (Bett, Nachttisch, Wohnzimmerteppich, Schrankvitrine etc.) bot es sich an, ja drängte es sich geradezu auf, diesen angesammelten Reichtum für eine derartige Aktion zu verwenden.

Wohlwissend, daß die ganze Angelegenheit für mich mit dem Rollstuhl vermutlich etwas weniger anstrengend würde und um zu testen, wie "behindertenfreundlich" man bei Ikea in Holland einkaufen kann:

Rollstuhl in den Kofferraum gepackt, rein ins Auto mit den übrigen Gebeinen auch, losgefahren, bei Ikea angekommen, Parkplatz gefunden, aus dem Auto ausgestiegen, in den Rollstuhl eingestiegen (nur ich, meine Frau wollte lieber zu Fuß gehen) und los gings!

Nun ja, der Weg vom Parkplatz bis in die heiligen Hallen des schwedischen Möbeldiscounters war naturgemäß ziemlich weit, natürlich auch immer abhängig davon, wo man gerade einen Parkplatz bekommt, und so war ich gleich zu Anfang von der Idee den Rollstuhl zu benutzen, ziemlich begeistert.

Zur Erläuterung:

Wenn man bei Idea in Holland einkaufen geht, bekommt man überall solche Blöckchen mit Notizzetteln und Bleistift, um die zu kaufenden Waren darauf notieren zu können. Nach Erledigung der Einkauftour geht man dann auf dem Weg zur Kasse durch das Lager, um die notierten Sachen auf den entsprechend großen Einkaufswagen zu laden. Für die Kleinteile gibts an bestimmten Standorten Einkaufstaschen.

Naja, und während wir so dabei waren einzukaufen, kam uns irgendwann und relativ spontan in den Sinn, daß es beim Aufladen gekauften Waren ein Problem geben könnte. Denn erstens waren weder meine Frau noch ich dazu in der Lage, irgendwelche Sachen aus dem Lager zu holen und auf den Einkaufswagen zu hiefen (ich saß im Rollstuhl und meine Frau hat ein massives Problem mit dem Rücken), und zweitens ging es ja auch darum, den Service vor Ort aus der Perspektive des Rollstuhls zu betrachten und zu testen.

Also bin ich mit meinem Rolli erstmal zur nächsten zur Verfügung stehenden Mitarbeiterin gefahren und habe sie gefragt, wie man denn dieses Problem am besten lösen könne. Die Mitarbeiterin war wie alle Mitarbeiter bei Ikea sehr freundlich, sah sich allerdings außerstande uns direkt weiter zu helfen. Sie gab uns aber den Tipp, zum Service zu gehen (zu fahren?), weil man uns dort bestimmt weiterhelfen könne.

Ich also mit meinem Rolli zum Service, der in der Nähe der Kasse untergebracht ist, und dort nachgefragt. Und siehe da, die freundliche Mitarbeiterin teilte mir mit, sie werde sofort dafür sorgen, daß ein Mitarbeiter im Lager sein würde, der uns die Sachen raussuchen und auf den Einkaufswagen laden würde. Sehr schön!

Von dieser Aktion ziemlich hungrig geworden, gingen wir dann erstmal ins dort ebenfalls zur Verfügung stehende Restaurant, weil wir von früher her wußten, daß man dort preiswert und gut (...?, die Geschmäcker sind verschieden!)essen kann. Auch dort ist alles mit dem Rollstuhl gut befahrbar!?

Naja, bis auf die Tatsache, daß man mit dem Rollstuhl Schwierigkeiten hat, bei der Essens- und Getränkeausgabe klarzukommen. Die entsprechende "Straße" ist zu eng und das Aufladen der Getränke und des sonstigen schmückenden Beiwerkes zu den Speisen ist aus der Rollstuhlperspektive etwas schwierig. Die warmen Speisen selber werden aber ohnehin vom Küchenpersonal auf die Teller geladen.

Aber zum Glück hatte ich ja meine holde Ehegattin dabei, die sich relativ spontan anbot, das Ganze für uns beide zu erledigen. Außerdem hätte sich ansonsten sicher ein freundlicher Mitarbeiter/eine freundliche Mitarbeiterin gefunden, die uns das Problem abgenommen hätte.

O.k., frisch gestärkt machten wir uns also auf zur Fortsetzung der Einkaufstour, gingen (fuhren?) anschließend auf dem Weg zur Kasse im Lager vorbei, wo tatsächlich schon ein freundlicher Mitarbeiter des schwedischen Möbelhauses auf uns wartete, um das umfängliche Erworbene auf einen Einkaufswagen zu laden.

Bevor wir uns zur Kasse aufmachten, wo wir ja (leider) alles das auch noch bezahlen mußten, gings aber erst noch mal kurz zum Service, wo wir vereinbarten, daß man uns den ganzen Kram nach Hause liefert. Dieser Service hat uns 30 Euro gekostet, was relativ teuer oder von mir aus auch relativ preiswert ist, jedenfalls relativ!

Wegen des bei Ikea üblicherweise hohen Kundenaufkommens mußten wir noch ein Weilchen in der Schlange vor der Kasse warten, aber das gehört zu den Dingen, die dort normal sind und auf die man sich vorher einrichten kann.

Fazit:

Mit ein wenig gutem Willen und unter Zuhilfenahme von ein wenig Initiative war der Einkauf bei Ikea aus der Rollstuhlperspektive betrachtet nicht wirklich ein Problem und hatte so einen relativ hohen Spaßfaktor.

Die Räumlichkeiten waren durchweg rollstuhlgerecht gestaltet, undzwar in dem Sinne, daß man mit dem Rolli überall gut durchkam und auch ohne fremde Hilfe gut klar kommen konnte.

Schwierigkeiten, die sich trotzdem ergaben, konnten durch den guten Service der Mitarbeiter mehr als problemlos ausgeglichen werden.

Die anvisierten Möbel genau unter die Lupe zu nehmen, wie beispielsweise der "Liegetest" im Bett, war überhaupt kein Problem und selbst der spontane Entschluß, das eine oder andere Möbelstück gegen das ein oder andere auszutauschen, nachdem die Möbel bereits auf dem Einkaufswagen untergebracht waren, stellte kein Problem dar dank der Flexibilität des vom Service besorgten Mitarbeiters.

Ja, was soll ich sagen:

bei Ikea einzukaufen, kann bei einer an den Tag gelegten positiven Grundeinstellung durchaus zum Erlebnis mit hohem Spaßfaktor werden!

der Lothar